Gesicht zeigen, Perspektiven vermitteln, Dialog ermöglichen

Die Bürgerausstellung wurde entwickelt, um unterschiedliche Perspektiven von Menschen, die mit lebensweltbezogenen Planungen und Konflikten konfrontiert sind, zu präsentieren und einen Dialog zu eröffnen, wieder aufzunehmen oder zu begleiten.

Die Methode beteiligt verschiedene Interessengruppen, indem sie ihre Perspektiven, Meinungen und Vorschläge präsentiert. Stellvertretend werden einzelne Personen aus diesen Gruppen interviewt, fotografiert und mit zentralen Äußerungen für die Ausstellung portraitiert. Die Ausstellungseröffnung bringt alle Interessengruppen zusammen und miteinander in Diskussion. Die Ausstellung wird leicht zugänglich vor Ort und im Internet präsentiert, die Beteiligten zeigen Gesicht und machen ihre Perspektive öffentlich. Dadurch wird eine große Reichweite erzielt und die lokale Bevölkerung dazu motiviert, sich in den Beteiligungsprozess einzubringen.

Bürgerausstellung auf einen Blick

  • Bürger und Bürgerinnen zeigen Gesicht
  • Interview und Fotografie als zentrale Elemente
  • leicht zugängliche Präsentation vor Ort und online
  • Auftakt und Begleitung für einen Partizipationsprozess
  • große Reichweite und Motivation zu weiterer Beteiligung

Die Bürgerausstellung wurde in den 1990er Jahren (Böhm, Dienel, Legewie 2008) im Rahmen universitärer Lehre entwickelt und etablierte sich als Beteiligungsinstrument. Ausgangspunkt ist ein Thema oder Problem, das verschiedene Interessengruppen betrifft.

Bei der Erarbeitung einer Bürgerausstellung wird zunächst auf Basis einer Umfeldanalyse das Problem konkretisiert und ein Konzept erstellt. Dieses skizziert Ziele, relevante Interessengruppen, Ressourcen, Ort, Zeitplanung und Projektschritte sowie eine mögliche Kombination mit weiteren Beteiligungsformaten. Für die Kontaktaufnahme mit den Interessengruppen werden ein Informationsblatt und ein Interviewleitfaden vorbereitet. Die Bürgerausstellung soll ein möglichst breites Spektrum von Interessengruppen aus unmittelbar Betroffenen und weiteren Akteuren aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Politik abbilden. Stellvertretend für deren Perspektive wird aus jeder Interessengruppe eine Person interviewt. Die meisten Bürgerausstellungen umfassen 15 bis 20 Poster, darunter auch ein allgemeines Poster über Thema und Methode.

Nach den Gesprächen werden die Interviewten sowie ggfs. weitere, passende Motive aus ihrem Lebensumfeld fotografiert. Bei der inhaltlichen Auswertung der Interviews wählt man die prägnantesten Zitate aus und kombiniert sie sinnvoll für den Postertext. Die autorisierten Poster – Text und Foto(s) – werden in das Ausstellungslayout eingefügt und gedruckt, parallel wird die Ausstellungseröffnung als Ausgangspunkt für die breite Öffentlichkeitswirksamkeit vorbereitet. Vor Ort und im Internet erreicht die Bürgerausstellung viele unterschiedliche Zielgruppen. Evaluationen zeigen, dass die Bürgerausstellung besonders in Kombination mit Methoden direkten Dialogs wie Diskussionen, Expertengesprächen oder Online-Dialogen eine nachhaltige aktivierende Wirkung hat. In Stadtvierteln oder Regionen, die mit Entwicklungsfragen oder Problemlagen konfrontiert sind, für die verschiedene Interessengruppen einbezogen werden müssen, kann sie dadurch auch zur Konfliktklärung beitragen.

Referenzen (Auswahl):

  • Bürgerausstellung Menschen und Engagement im Gebrauchtwarenhandel in Deutschland und Dänemark, 2016
  • Bürgerausstellung Zukunft Olivaer Platz für Amt für Öffentliches Bauen Berlin-Charlottenburg,  2010
  • Bürgerausstellungen Young Cities – Developing Urban Energy Efficiency, Teheran, Iran, und Ready to move…?! Towards Sustainable Traffic and Transport Solutions, Hyderabad, Indien, für Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2010
  • Bürgerausstellungen Voller Energie, Magdeburg, und Personalisierte Medizin, Bremen, für Wissenschaft im Dialog, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2009
  • Bürgerausstellung Brandenburg – Das bist Du uns wert, für Stiftung Demokratische Jugend, gefördert vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, 2008
  • Bürgerausstellung Wandern und Wiederkommen, Magdeburg, für Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung, 2006
  • Bürgerausstellung Projekt Zukunft – Familien an der Universität, Leipzig, für Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung, 2006

Literatur:

Böhm, B. (2015): Die Bürgerausstellung als Beteiligungsmethode in gesellschaftlichen Konfliktfeldern. eNewsletter Wegweiser Bürgergesellschaft 15/2015 vom 15.10.2015. Stiftung Mitarbeit

Keppler, D.; Böhm, B.; Dienel, H.-L. (Hrsg.) (2013): Die Bürgerausstellung. Die Perspektive von Bürgern und Bürgerinnen als Gegenstand qualitativer Sozialforschung und praktischer Beteiligung. München: oekom

Böhm, B.; Legewie, H.; Dienel, H.-L. (2008): Die Bürgerausstellung: Eine Kombination sozialwissenschaftlicher, partizipativer und künstlerischer Elemente (70 Absätze). Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research Volume 9, Nummer 2, Art. 33

Foto: Markus Spiske / Unsplash